Sunday, January 27, 2013

2013.01.56

Matthew S. Rindge, Jesus' Parable of the Rich Fool: Luke 12:13-34 among Ancient Conversations on Death and Possessions. Early Christianity and its literature, 6. Atlanta: Society of Biblical Literature, 2011. Pp. xix, 299. ISBN 9781589836143. $36.95 (pb).

Reviewed by Reinhard Feldmeier, Göttingen (reinhard.feldmeier@theologie.uni-goettingen.de)

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Die Studie stellt eine in der Exegese eher vernachlässigte Parabel aus dem lukanischen Son-dergut in den Mittelpunkt. Entgegen der verbreiteten Meinung, hierbei handle es sich um eine verhältnismäßig schlichte Kritik der Habgier, betont R., dass dieser Text eine Reihe von Be-sonderheiten aufweise, die einer näheren Betrachtung wert seien. Deren auffälligste sei die Tatsache, dass Gott hier selbst spreche, indem er den Reichen einen Narren schilt und ihm enigmatisch ankündigt, dass „sie heute Nacht dein Leben von dir fordern" (Lk 12,20). Hinzu kommt, so Rindge weiter, dass die Parabel nicht auf prophetische Prätexte verweise, sondern in der Hauptsache auf weisheitliche.

In einem ersten Kapitel gibt Rindge einen Überblick über die Auslegungsgeschichte von der Antike bis in unsere Zeit, die zeigen soll, dass der Zusammenhang von Tod und Besitz wenig beachtet wurde, obgleich dieser sowohl in paganen wie in jüdischen Quellen eine signifikante Rolle spiele. Durch ein doppelte Kontextualisierung der Parabel zum einen in der der jüdi-schen und paganen Literatur, zum andern im Kontext des Lukasevangeliums will R. die Para-bel als einen Beitrag zu einem Diskurs über Reichtum und Tod in der Zeit des zweiten Tem-pels deuten. Dazu behandelt er in den folgenden beiden Kapiteln zunächst mit Kohelet, Ben Sira, 1 Henoch und dem Testament Abrahams vier Texte des hellenistischen Judentums unter der leitenden Fragestellung des Zusammenhangs von Tod und Besitz. Dabei werden nach R. sehr unterschiedliche Aspekte namhaft gemacht, die vom Lebensgenuss bis zum Almosen, von der Fragwürdigkeit allen Habens bis zur Vererbung des Gehabten reichen. Das alles bie-tet eine Reihe von interessanten Information und zeigt, wie der Tod das menschliche Besitz-streben und die damit verbundene Haltung einer Absicherung des Lebens in Frage stellt. Dass dem aber ein übergreifender Diskurs zum Thema Tod und Besitz zugrunde liegt, vermag der Rezensent – so viel sei hier schon einmal kritisch angemerkt – nicht so recht zu erkennen.

Die frühjüdischen Texte werden im vierten Kapitel ergänzt durch griechisch-römische, die allerdings, wie eingangs gleich betont wird, an der Wechselwirkung von Tod und Besitz we-niger Interesse hätten als die jüdischen (p. 123). Mit einer gewissen Verwunderung stellt R. fest, dass in einschlägigen Ausführungen zwar Habgier als Quelle allen Übels bestimmt wird, dass dabei aber das Todesthema keine besondere Rolle spielt. Der Verfasser konzentriert sich dann auf zwei Texte: Lukians Dialog mit den Toten und danach (warum danach?) auf Senecas Briefe an Lucilius. Bei der Auslegung Lukians irritiert, dass der satirische Charakter des Wer-kes und damit auch der Aussagen zur Todesfurcht (selbst eines Sokrates) nicht in Rechnung gestellt wird. Insofern entbehren die von R. daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht einer gewissen Naivität, wenn Lukian zu einem Ethiker gemacht wird, der aus der Tatsache, dass es im Jenseits keine Steuern und keine Schulden mehr gibt, die Aufhebung aller sozioökonomi-schen Unterschiede folgere und damit das Horten von Schätzen „as a bankrupt enterprise" (p.134) kritisiere.

Die Ausführungen zu Seneca beginnen mit der überraschenden Feststellung, dass Senecas Lebenszeit und die Abfassungszeit der Briefe „place him in the same social milieu as Luke-Acts" (144). Bei dem solchermaßen kontextualisierten Stoiker werden dann wieder eine Reihe von Beobachtungen zu den Gefahren des Reichtums angeführt, ohne dass dabei die behaupte-te Interaktion von Reichtums und Tod und damit der Nutzen der Parallelen für die Erschlie-ßung der lukanischen Parabel nachwiesen würde. Erst recht wird nicht nachgewiesen, dass es in der Zeit des zweiten Tempels (zu der nebenbei bemerkt Lukian auf keinen Fall mehr gehört und Lukas nur sehr eingeschränkt) einen übergreifenden gesellschaftlichen Diskurs über die Wechselwirkung von Reichtum und Tod gegeben habe, in dessen Kontext die lukanische Pa-rabel zu stellen und auszulegen sei.

Entsprechend dürftig ist das am Ende präsentierte Ergebnis. Wohlgemerkt: Dass im 1.Jahrhundert verstärkt die Gefahren der Habgier diskutiert wurden und dass in diesem Zu-sammenhang neben jüdischen und paganen Texten (bei denen freilich andere zeitlich und inhaltlich näher gelegen hätten Dion von Prusas Rede über die Habgier) auch Lukas zu beach-ten ist, sei damit nicht bestritten, aber dies ist nicht die Pointe von Rindges Argumentation.

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