Monday, November 12, 2012

2012.11.27

Josefine Kitzbichler, Katja Lubitz, Nina Mindt, Theorie der Übersetzung antiker Literatur in Deutschland seit 1800. Transformationen der Antike Bd. 9​. Berlin; New York: Walter de Gruyter, 2009. Pp. ix, 435. ISBN 9783110206234. $112.00. Josefine Kitzbichler, Katja Lubitz, Nina Mindt, Dokumente zur Theorie der Übersetzung antiker Literatur in Deutschland seit 1800. Transformationen der Antike Bd. 10​. Berlin; New York: Walter de Gruyter, 2009. Pp. ix, 520. ISBN 9783110214901. $112.00.

Reviewed by Karl Gerhard Hempel, Università del Salento, Lecce​ (Gerhard.Hempel@web.de)

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Die Frage, wie antike Literatur zu übersetzen sei, ist im deutschen Kulturkreis bekanntlich Gegenstand von Diskussionen, die mindestens bis in die Humanistenzeit zurückreichen und die Gemüter bis heute bewegen. Die letzten zwei Jahrhunderte dieser brisanten Debatte werden in diesen beiden umfangreichen Büchern erstmals in ihrer Gesamtheit ausführlich und zusammenhängend behandelt, wobei der erste Band eine einschlägige Analyse der verschiedenen übersetzungstheoretischen Reflexionen mit ihren Wechselwirkungen und Beziehungen zu anderen Positionen enthält, während im zugehörigen Dokumentationsband eine Reihe der wichtigsten der Darstellung zugrunde liegenden Quellentexte abgedruckt ist. Vorgelegt werden damit die Ergebnisse von mehrjährigen Recherchen dreier junger Altertumswissenschaftlerinnen – Josefine Kitzbichler, Katja Lubitz und Nina Mindt, die im Rahmen des Forschungsprojekts Übersetzung der Antike durchgeführt wurden, das seinerseits Teil des rezeptionshistorisch ausgerichteten Sonderforschungsbereiches 644 "Transformationen der Antike" ist. Die beiden Bücher bilden Band 9 und 10 der entsprechenden Publikationsreihe.1

Die methodischen Probleme einer auf die Rekonstruktion geistesgeschichtlicher Zusammenhänge abzielenden Darstellung z.T. sehr unterschiedlicher Übersetzungsreflexionen werden in der von den drei Autorinnen gemeinsam verfassten Einleitung dargelegt (Bd. 9, S. 1-12). Der Hauptteil des Buches mit der ausführlichen Präsentation der übersetzungstheoretischen Entwicklungen ist in drei Makrokapitel eingeteilt, wobei Josefine Kitzbichler die Zeit bis zur Mitte des 19. Jhs. behandelt (S. 13-111) und Katja Lubitz den Zeitabschnitt von der Mitte des 19. Jhs. bis 1927 (S. 113-235). Die darauffolgende Zeit bis heute wird dagegen von Nina Mindt dargestellt (S. 237-353).

Ihren Ausgang nimmt die Darstellung nicht erst vom frühen 19. Jh., wie der Titel suggerieren würde, sondern sinnvollerweise vom Jahr 1793, als mit der z.T. revidierten Homer-Übersetzung von Johann Heinrich Voss erstmals ein umfangreiches antikes Werk in metrischer deutscher Übersetzung vorgelegt wird. Besondere Mühe verwendet Kitzbichler auf die Analyse der Voraussetzungen der übersetzungstheoretischen Debatte, die sich an das epochale Ereignis der Voss'schen Publikation anschloss und deren Ursprünge sie bis in die Mitte des 18. Jhs. zurückverfolgt (S. 15-28). Klassizismus, Hermeneutik und Philologie bilden die Voraussetzungen für die "Begründung moderner Übersetzungstheorie" in den ersten Jahrzehnten des 19. Jhs., die insbesondere mit bekannten Namen wie Schlegel, Novalis, Goethe, Schleiermacher und Humboldt in Verbindung zu bringen ist (S. 29-72). Herausgestellt werden die Positionen der einzelnen Autoren, aber auch übergreifende Aspekte der Diskussion wie das Streben nach "Treue" bei der Übersetzung, die Frage nach den zu benutzenden Versmaßen sowie die Vorstellung von einer besonderen Eignung des Deutschen als Übersetzungssprache, die sich u.a. aus der Reflexion über den Zusammenhang von Sprache und Denken und dem Verhältnis der deutschen zur antiken Kultur ergeben.

Für die übersetzungstheoretischen Äußerungen der anschließenden Epoche (S. 73-111), die sie u.a. vor dem kulturgeschichtlichen Hintergrund von Biedermeier und Vormärz interpretiert, beobachtet Kitzbichler dagegen eine konzeptionelle Stagnation. Entwickelt werden keine grundlegend neuen übersetzungstheoretischen Ansätze, sondern die zuvor ausgebildeten Positionen – z.T. mit Missverständnissen – aufgenommen und weiter diskutiert. Ein interessantes neues Element stellt allerdings die Hinwendung zu übersetzungshistorischen Reflexionen dar, in deren Zusammenhang die Bedeutung der Übersetzungsliteratur für die Literaturgeschichte erstmals eine systematische Aufwertung erfährt (S. 95-105).

Katja Lubitz sieht die Überlegungen zur Übersetzung ab der Mitte des 19. Jhs. zunächst vor allem im Zusammenhang mit der Tendenz zu einer jetzt weiter gefassten Verbreitung klassischer Bildung, etwa durch umfangreiche Reihen von Übersetzungsliteratur wie z.B. die des Metzler-Verlags (S. 115-129). Bei den übersetzungstheoretischen Bemerkungen, die sich hier und in bekannten Anthologien antiker Literatur wie etwa denen Eduard Mörikes und Emanuel Geibels finden (S. 130-147), beobachtet sie z.T. eine Verschiebung des Diskussionsschwerpunkts hin zu eher publikums- und wirkungsorientierten Ansätzen, wobei die Beibehaltung des ausgangsstextlichen Versmaßes – auch wegen des gestiegenen Ansehens der deutschen Literatur selbst – zunehmend als unnatürlich empfunden wird, dies auch bei Epos-Übersetzungen (S. 148-159). Ein eigenes Kapitel ist dem Bereich der Schule (u.a. den übersetzungstheoretischen Reflexionen Tycho Mommsens) gewidmet, wo das Übersetzen antiker Literatur zu dieser Zeit eine besondere Bedeutung als wichtiger Teil humanistischer Bildung gewinnt (S. 161-179).

Besonders ausführlich behandelt Lubitz die Äußerungen Wilamowitz-Moellendorfs, durch die die übersetzungstheoretische Debatte ab Ende des 19. Jhs. neuen Schwung erhält, mitsamt ihrer Vorgeschichte und Auswirkungen (S. 181-235). Dargestellt wird, wie Wilamowitz sich einerseits von früheren Positionen absetzt, welche die Übersetzung nicht als Aufgabe des Philologen ansahen, mit seiner deutlich zielsprachenorientierten Übersetzungsstrategie andererseits aber auch harsche Kritik vonseiten seiner Zeitgenossen erntet, insbesondere bei Dichtern des George-Kreises. Lubitz beobachtet als Gegenbewegung zu Wilamowitz eine Tendenz, Übersetzen wieder verstärkt als "schöpferischen Prozess" und damit als poetische Aufgabe aufzufassen, für die man sich jetzt auch auf historische Modelle berufen kann wie etwa die von Norbert von Hellingrath entdeckten und 1910 erstmals herausgegebenen Pindar-Übersetzungen Hölderlins.

Das von Nina Mindt verfasste Makrokapitel beginnt 1927, also mit dem Jahr, in dem Wolfgang Schadewaldt seine erste übersetzungstheoretische Abhandlung vorstellt. Dessen bekannte Unterscheidung zwischen transponierender und dokumentarischer Übersetzung, die später u.a. auf dem im Jahre 1960 veranstalteten Artemis-Symposion zur Übersetzung antiker Literatur eine wichtige Rolle spielte, nimmt in ihrer Darstellung denn auch einen zentralen Raum ein, wobei insbesondere auf den Zusammenhang mit den übersetzungstheoretischen Bemerkungen Heideggers verwiesen wird (S. 273-297). Ansonsten beobachtet Mindt für die Zeit bis 1960 zunächst eine Fortsetzung der vorausgehenden Debatte zwischen eher philologischen und eher poetischen Ansätzen (S. 241-271).

Besonders originell sind die Kapitel zur Dramenübersetzung seit der Nachkriegszeit (S. 299-315) und zur Übersetzung antiker Literatur in der DDR (S. 317-334), wobei z.T. eine Wirkung Schadewaldtscher Vorstellungen auch über philologische Kreise hinaus aufgezeigt wird. Dessen Einfluss ist Mindt zufolge auch heute noch zu spüren, so z.B. in den übersetzungstheoretischen Bemerkungen von Philologen wie etwa Niklas Holzberg (S. 343-349), während zeitgenössische Schrifsteller wie Raoul Schrott sich bei der Übersetzung antiker Literatur um eine noch entschiedenere Erneuerung in der Sprachwahl bemühen (S. 350-353). Die Ergebnisse der – wie Mindt sie nennt – "linguistischen Übersetzungswissenschaft" (S. 240) spielen in der Diskussion dagegen nur eine sehr untergeordnete Rolle (S. 335-342).

Die mehr als 500 Seiten starke Quellensammlung (Bd. 10), die sich bereits durch zahlreiche explizite Verweise im Interpretationsband als dessen Pendant zu erkennen gibt, wird bewusst in die Tradition bekannter übersetzungstheoretischer Textzusammenstellungen wie der Hans Joachim Störigs oder André Lefeveres gestellt (S. 1 Anm. 1). Gesammelt sind hier insgesamt 30 Abhandlungen, die den Zeitraum von 1796 bis 2006 umfassen, wobei Kitzbichler, Lubitz und Mindt jeweils als Herausgeberinnen der Schriften fungieren, die den von ihnen im ersten Band behandelten Epochen angehören.

Die bei der Textedition angewandten Kriterien entsprechen mit Nennung der benutzten Quelle, Beibehaltung der ursprünglichen Orthografie und Verzeichnis der korrigierten offensichtlichen Fehler (S. 507-512) den Ansprüchen an wissenschaftliche Textausgaben. Dem einzelnen Text vorangestellt ist jeweils eine kurze Einführung mit Angaben zum Autor, seiner Übersetzungstätigkeit und seinen übersetzungstheoretischen Schriften, außerdem mit – allerdings sehr kurzen – Bemerkungen zu den wichtigsten Tendenzen des abgedruckten Textes. Hinzu kommen – insbesondere in dem von Kitzbichler bearbeiteten Teil – Anmerkungen mit nützlichen Zusatzinformationen, die das Verständnis der Quellentexte erleichtern, vor allem zu kryptischen Literaturangaben sowie zu direkten oder indirekten Bezügen auf bestimmte Personen.2

Die beiden Publikationen von Kitzbichler, Lubitz und Mindt bilden zusammen zweifellos ein Standardwerk, auf das rezeptionshistorisch orientierte Literaturwissenschaftler und Altphilologen sowie nicht zuletzt Übersetzungsforscher noch lange mit Gewinn zurückgreifen werden.3 Behandelt werden nicht nur allgemein bekannte übersetzungstheoretische Zeugnisse, sondern auch solche, die bislang weitgehend unbekannt waren oder unbeachtet geblieben sind. Den Verfasserinnen bzw. Herausgeberinnen gelingt es in ihrem Werk, dessen Einzelheiten hier nur ansatzweise besprochen werden konnten, Ordnung in ein vielseitiges und facettenreiches Thema zu bringen, wobei stets das Bemühen festzustellen ist, Einzelbemerkungen im engeren und weiteren Kontext und vor dem kultur- und übersetzungshistorischen Hintergrund verständlich zu machen.

Dabei sind sie sich der methodischen Schwierigkeiten durchaus bewusst, wenn sie z.B. ihrer Diskussion vorausschicken, dass die einzelnen Beiträge mit übersetzungstheoretischen Ausführungen aus dem untersuchten Zeitraum oft isoliert dastehen und sich intertextuelle Bezüge zwischen diesen nicht immer eindeutig herstellen lassen, so dass von einem "kontinuierlichen Prozess der Theoriebildung" in den letzten zweihundert Jahren eigentlich "kaum gesprochen werden" kann (Bd. 9, S. 1). Zusätzliche Probleme ergeben sich aus der großen Bandbreite an Textsorten, denen die für die Darstellung berücksichtigten Quellentexte zuzuordnen sind und über die ein interessanter Überblick vorgelegt wird (Bd. 9, S. 2-4), der als Grundlage einer Typologie auch für andere, ähnlich gelagerte Untersuchungen in anderen Bereichen gelten kann.4

Die Verschiedenheit der Texte erfordert jeweils eine behutsame Kontextualisierung und wirft u.a. die Frage auf, wie ausführlich und differenziert eine Übersetzungstheorie formuliert sein muss, um überhaupt als solche gelten zu können. Die Verfasserinnen legen ihre Studie bewusst breit an, indem sie explizite Aussagen zum Übersetzen allgemein als Teil einer umfassenden "Theorie der Übersetzung" auffassen, ohne konzeptionelle Unterschiede – wie in modernen Werken aus dem Bereich der Übersetzungsforschung sonst oft üblich – durch den Gebrauch des Plurals "Übersetzungstheorien" sichtbar zu machen (Bd. 9, S. 4-5). Zusammengehalten wird der Diskurs, wie bereits in der Einführung dargelegt wird (ein Abschlusskapitel für den Interpretationsband fehlt dagegen), trotz seiner Vielgestaltigkeit durch eine Reihe von z.T. speziell für den deutschsprachigen Raum charakteristischen Grundvorstellungen, die sich – wenn auch mit unterschiedlichen Ausprägungen und nicht immer unwidersprochen – prinzipiell als rote Fäden durch die Diskussion ziehen (Bd. 9, S. 6-8).

Vielleicht hätte man bei der Rekonstruktion der Traditionsstränge manchmal etwas breiter vorgehen und versuchen können, auch den Verbindungen zu Übersetzungsreflexionen in anderen Kulturbereichen nachzugehen, was allerdings wohl noch größere methodische Schwierigkeiten mit sich gebracht und auch den Rahmen der Darstellung gesprengt hätte.5 Insgesamt scheinen die Verfasserinnen selbst in ihrem Vorgehen stark den Vorstellungen des deutschsprachigen Raums verpflichtet zu sein, aber offenbar liegt dies in der Natur der Sache selbst und dürfte der Bedeutung ihres hier vorgestellten Werks keinen Abbruch tun.6



Notes:


1.   Im selben wissenschaftlichen Umfeld entstanden sind folgende Werke zu übersetzungshistorischen Themen: H. Böhme – Chr. Rapp – W. Rösler (Hrsg.), Übersetzung und Transformation, Transformationen der Antike 1 (2007); N. Mindt, Manfred Fuhrmann als Vermittler der Antike, Transformationen der Antike 5 (2008), s. BMCR 2010.03.60; M. Harbsmeier – J. Kitzbichler – K. Lubitz – N. Mindt (Hrsg.) Übersetzung antiker Literatur. Funktionen und Konzeptionen im 19. und 20. Jahrhundert. Transformationen der Antike 7 (2008).
2.   Nützlich gewesen wäre es vielleicht, hier als weiteren Basistext auch Johann Gottfried Herders Abhandlung Von der griechischen Literatur in Deutschland (1766) abzudrucken, die Bd. 9 S. 41 Anm. 3 dankenswerterweise ausführlich zitiert wird.
3.   Abgedruckt ist in der Quellensammlung auch eine Schrift Karl Heinrich Pudors (Bd. 10, S. 83-93), der als erster die Forderung nach einer "Uebersetzungswissenschaft" aufstellte. Zu dessen Autorschaft vgl. jetzt K. Schubert, "so gewiß muß es auch eine Uebersetzungswissenschaft geben" Recherchen zur ersten Forderung nach einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Übersetzen, in: trans-kom 4 [2], 2011, S. 191-217; ders., Nachtrag zum Aufsatz "so gewiß muß es auch eine Uebersetzungswissenschaft geben", in: trans-kom 5 [1], 2012, S. 178-181.
4.   Ähnlich wie in anderen historischen Epochen gibt es nur relativ wenige eigenständige übersetzungstheoretische Schriften, während Reflexionen zur Übersetzungsmethode sich häufig in abhängigen Textsorten wie Vor- oder Nachwörtern und Rezensionen bzw. überhaupt in Paratexten finden, wenn nicht gar in einzelnen Abschnitten innerhalb literaturhistorischer oder philosophischer Werke. Nicht eigens genannt werden von den Verfasserinnen Kommentare zu einzelnen Textstellen in Form von Anmerkungen, die gleichwohl eine interessante Quelle für die Bewertung von Übersetzungsentscheidungen darstellen, vgl. dazu z.B. M. S. Harbsmeier, Die übersetzungstheoretischen Anmerkungen Friedrich Schleiermachers zu seiner Platon-Übersetzung, in: W. Kofler - F. Schaffenrath - K. Töchterle (Hrsg.), Pontes V. Übersetzung als Vermittlerin Antiker Literatur, Innsbruck 2009, 208-220.
5.   Interessant ist in diesem Zusammenhang etwa die Tytler-Übersetzung durch Renatus Gotthelf Löbel aus dem Jahre 1793 (Bd. 10, S. 84 Anm. 2).
6.   Überraschend ist es etwa, zu lesen, dass "'einfache Treue' gegenüber dem Original" bei einer Übersetzung "heute selbstverständlich" erscheine, "ist doch die Anbindung an die Vorlage das wesentliche Merkmal, das Übersetzungen von 'Originalliteratur' unterscheidet." (Bd. 9, S. 15) Auch eine Bemerkung wie "Der Äquivalenzbegriff hat sich in der Übersetzungswissenschaft durchgesetzt, zieht aber weiterhin Diskussionen nach sich" (Bd. 9, S. 338 Anm. 508) kann bestenfalls für einen Teil der (deutschsprachigen) Forschung Gültigkeit beanspruchen. Gerade gegen die genannten Vorstellungen (Treueforderung, unbedingte Bindung an den Ausgangstext und Äquivalenzbegriff) laufen viele Wissenschaftler seit Jahrzehnten Sturm und dürften dabei auch – zumindest im akademischen Bereich – weitgehend Erfolg gehabt haben. So konnten etwa die Vertreter der so genannten Manipulation School, die Begründer der wichtigen Forschungsrichtung der Descriptive Translation Studies, schon vor Jahrzehnten plausibel zeigen, dass ideologisch bedingte (d.h. von den Vorstellungen des Übersetzers bzw. seines Umfeldes abhängige) Veränderungen bei der Übersetzung literarischer Texte eher die Regel als die Ausnahme darstellen und diese daher eher als Bestandteil der Ziel- denn als solche der Ausgangskultur angesehen werden sollten. Einer der Hauptvertreter der nicht- präskriptiven und nicht-linguistischen Übersetzungsforschung, der Israeli Gideon Toury (nicht "Touri" wie bei den Verfasserinnen in den Anmerkungen und im Literaturverzeichnis, Bd. 9, S. 403), hat – nicht zuletzt anhand von Beispielen aus der Geschichte deutschsprachiger Übersetzungen – die Vorstellung wahrscheinlich machen können, dass Übersetzungsentscheidungen nicht von absoluten Regeln abhängen, sondern soziokulturell bedingt sind und daher geschichtlichen Veränderungen unterliegen. Aktuelle Überblicke über die Entwicklung der internationalen Übersetzungsforschung bieten etwa J. Munday, Introducing Translation Studies. Theories and Applications, Abydon and New York, 3rd edition, 2012 oder E. Prunc, Entwicklungslinien der Translationswissenschaft. Von den Asymmetrien der Sprache zu den Asymmetrien der Macht, Berlin, 2007. ​

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