Tuesday, July 25, 2017

2017.07.36

David K. Pettegrew, The Isthmus of Corinth: Crossroads of the Mediterranean World. Ann Arbor: University of Michigan Press, 2016. Pp. xiii, 290. ISBN 9780472119844. $85.00.

Reviewed by Michael Kleu, Universität zu Köln (mkleu@uni-koeln.de)

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Anknüpfend an die neuere archäologische Forschung ist es das Ziel der vorliegenden Studie, das aus dem 19. Jahrhundert stammende Bild über Korinth und seinen Isthmos einer kritischen Prüfung zu unterziehen, wobei sich David K. Pettegrew hauptsächlich auf die Zeit von den ersten Kontakten der Römer mit dieser Region bis zum späten 4. und frühen 5. Jh. n.Chr. konzentriert. Da sich diese Zeitspanne nicht ausführlich behandeln lasse, widmet sich der Autor im Anschluss an die Einleitung ausgewählten Aspekten, die er in sieben chronologisch angeordneten „interpretive essays" (S. X u. XI) behandeln möchte. Eine weitere Eingrenzung des Themas erfolgt durch den Umstand, dass Pettegrew in seiner Untersuchung einen Schwerpunkt auf die Ergebnisse des von 1999 bis 2003 andauernden Eastern Korinthia Archaeological Survey (EKAS)legt, an dem er in unterschiedlichen Funktionen beteiligt war.

In der Einleitung (S. 1-27) skizziert Pettegrew zunächst anhand von Strabon und weiteren antiken Autoren das klassische Bild von einem korinthischen Isthmos, dessen Brückenfunktion von zentraler Bedeutung für die Geschichte der Stadt Korinth und ihrer Umgebung gewesen sei. Abweichend von diesem Bild möchte der Autor im Folgenden umfassendere dynamische Prozesse vorstellen, auf die er die Prägung der Landschaft zurückführt (S. 1-3). Um den Leserinnen und Lesern eine Grundlage für das Weitere zu bieten, werden zunächst die Umstände beleuchtet, die dazu führten, dass im 19. und 20. Jh. das eben vorgestellte Bild, das die antiken Quellen vom Isthmos zeichnen, in der Forschung weitestgehend übernommen wurde (S. 4-14). Im Anschluss stellt Pettegrew seine drei Rahmenkonzepte Landschaft, Konnektivität sowie Kontingenz und Wandel vor und bietet einen Ausblick auf die folgenden Kapitel (S. 14-19), bevor er schließlich näher auf das bereits angesprochene EKAS-Projekt eingeht (S. 19-27).

Das zweite Kapitel (S. 28-46) beginnt mit einer Beschreibung der Landschaft und einer Untersuchung der Verwendung des Begriffs Isthmosim Griechischen, bevor der Autor näher betrachtet, was genau griechische Autoren meinten, wenn sie vom bei Korinth gelegenen Isthmos sprachen. Dabei zeigt sich, dass hiermit bis in den frühen Hellenismus hinein allein die schmalste Stelle der Landenge zwischen dem Golf von Korinth und der Ägäis gemeint war und nicht auch Korinth, Lechaion, Kenchreai, Sidous und Krommyon wie es später etwa bei Strabon der Fall sein sollte. Kapitel 3 (S. 47-88) behandelt die baulichen Eingriffe in die natürliche Landschaft, die den Isthmos im weiteren geographischen Sinne vom 7. bis zum 3. Jh. v.Chr. prägten, wobei es Pettegrew wichtig ist zu betonen, dass der Ausbau der Region zwar bereits in der Archaik begonnen habe, der diesbezügliche Schwerpunkt jedoch in klassischer und hellenistischer Zeit liege. Besonderes Augenmerk legt der Autor dabei auf den Diolkos, die Befestigungsanlagen, die Häfen Lechaion und Kenchreai sowie Kromna-Perdikaria. Hinsichtlich des Diolkos zeigt sich, dass dieser wohl weniger als „a great maritime highway" (S. 241) fungierte, sondern eher als eine Straße, die der Versorgung von Isthmia gedient hat. Im vierten Kapitel (S. 89-112) wird dargelegt, weshalb dem Isthmos eine so zentrale Rolle in den Erklärungsmodellen griechischer und lateinischer Autoren hinsichtlich der Zerstörung Korinths 146 v.Chr. und der anschließenden Annektierung des Gebiets durch Rom zukam. Dabei liegt der Schwerpunkt zunächst auf der Darstellung des Polybios, bevor in einem zweiten Schritt untersucht wird, wie Polybios und die physikalische Landschaft spätere Autoren prägten. Kapitel 5 (S. 113-134) widmet sich den überlieferten Fällen, in denen Schiffe über den Isthmos befördert wurden. Hierbei zeigt sich, dass dies eher selten und nur im militärischen Kontext belegt ist, weshalb sich Pettegrew gegen die Ansicht ausspricht, dass Schiffe aufgrund von Handelsverbindungen regelmäßig über den Isthmos gezogen worden seien.

Im sechsten Kapitel (S. 135-165) legt der Autor dar, wie sich die Bedeutung des Terminus Isthmosin römischer Zeit erweiterte, und welche Kontinuitäten und Brüche sich zunächst aus der Neugründung Korinths durch Gaius Iulius Caesar ergaben. Hierbei zeigt sich, dass der Isthmos – anders als von Strabon dargestellt – wohl keine große Umverteilungszone zwischen Italien und Asien war und dass auch dem Diolkos in diesem Kontext keine besondere Bedeutung zukam. Kaiser Neros Pläne zum Bau eines Kanals werden in Kapitel 7 ausführlich beleuchtet (S. 166-205), wobei Pettegrew darlegt, dass Nero das Bauprojekt aus Gründen der Nahrungsversorgung initiierte und mit großem Aufwand in die Tat umzusetzen versuchte. Auch wenn das Projekt bekanntlich scheiterte, sei es dennoch von großer Bedeutung für die weitere Entwicklung der Region gewesen. Diese weitere Entwicklung steht im Zentrum des 8. Kapitels (S. 206-239), in dem der Autor einen Mittelweg vorschlägt zwischen der älteren Ansicht, dass verschiedene Katastrophen im 3. und besonders 4. Jh. n.Chr. einen längerfristigen Niedergang Korinths und seiner Umgebung herbeigeführt hätten, und neueren Forschungen, die für den Zeitraum vom 4. bis zum frühen 7. Jh. n.Chr. von einer florierenden Region ausgehen.

Auf ein kurzes Schlusskapitel (S. 240-244), in dem die gewonnenen Ergebnisse noch einmal in konzentrierter Form präsentiert werden, folgen ein Literaturverzeichnis (S. 245-276), ein Quellenregister (S. 277-280) sowie ein Sachindex (S. 281-290). Zahlreiche Karten, Schaubilder, Tabellen und Fotografien veranschaulichen die Untersuchung.

Pettegrew hat mit dem vorliegenden Buch eine sehr zu begrüßende Studie vorgelegt, zu deren Stärken es zählt, dass der Autor gleichermaßen archäologische und literarische Zeugnisse heranzieht und diese kontextuell und wohl abwägend auswertet, wobei sich seine Argumentation im Wesentlichen als ebenso fundiert wie überzeugend erweist. Ergiebig ist außerdem, dass Pettegrew die Aussagen antiker Autoren und ältere Forschungsmeinungen nicht einfach widerlegt, sondern auch darlegt, wie sich deren Aufkommen im Kontext ihrer Entstehungszeit erklären lässt. Zu guter Letzt ist es natürlich auch ein Verdienst der Studie, daran zu erinnern, dass manche als Gewissheit geltende Ansicht der Forschung bei genauerer Betrachtung auf äußerst tönernen Füßen steht.

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